Zweistaatenlösung

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Die Zweistaatenlösung wurde von den Vereinten Nationen erstmals 1948 in der Resolution 181 beschlossen und der einheimischen Bevölkerung Palästinas von den Vereinten Nationen gegen ihren Willen sofort aufgezwungen. Die Mehrheit der in Palästina lebenden Araber*innen und die Gesamtheit der arabischen Staaten empfanden diesen Plan als ungerecht und lehnten ihn ab. Sie empfanden es als ungerecht, ihr Land als Wiedergutmachung für den Holocaust aufzugeben, der von der deutschen Regierung und nicht von ihnen selbst verübt wurde, und sie empfanden es als ungerecht, dass der Großteil der Wasserressourcen in dem neu vorgeschlagenen Staat Israel lag. Die arabischen Staaten klagten vor dem Internationalen Gerichtshof mit der Begründung, dass die UNO-Generalversammlung nicht befugt sei, gegen den Willen der Mehrheit der Bewohner über die Teilung eines Gebietes zu entscheiden. Die Resolution 181 sollte zur Gründung von zwei Staaten führen, tatsächlich wurde jedoch nur der Staat Israel im damaligen Palästina gegründet, während die einheimische Bevölkerung paradoxerweise ohne Staat blieb.

Abb. links: 1948, UN Resolution 181 | Abb. rechts: 1967

Aus diesem Grund gilt die Zweistaatenlösung als unvollendet und wird im israelisch-palästinensischen Friedensprozess regelmäßig auf den Prüfstand gestellt, so 1993 in Oslo und 2007 in Annapolis. Der am heftigsten diskutierte Vorschlag sieht die Gründung eines palästinensischen Staates im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ostjerusalem vor, während der Staat Israel die restlichen Gebiete an den Grenzen zu den Nachbarländern Ägypten, Jordanien, Syrien und Libanon umfasst. Die Zweistaatenlösung wurde von vielen Vertreter*innen von Staaten, die nicht direkt am Konflikt beteiligt sind, als sinnvoller Kompromiss angesehen, der zu einer friedlichen Koexistenz beider Bevölkerungsgruppen führen könnte. Sie wurde jedoch nie umgesetzt, und zwar aus mehreren Gründen, die bei der Betrachtung des gesamten Friedensprozesses deutlich werden und sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  • Der Wille der westlichen Mächte (in erster Linie der USA und Großbritanniens), diesen Plan umzusetzen, war nie eindeutig.
  • Auf israelischer Seite hat es nie einen klaren Willen gegeben, diesen Plan umzusetzen; im Gegenteil, die Regierung Netanjahu hat in den letzten Jahren eine Politik verfolgt, die darauf abzielte, die palästinensische Bevölkerung zu verdrängen und einen Staat zu gründen, nicht zwei. Insbesondere die Likud-Partei erhebt Anspruch auf das gesamte Gebiet Palästinas. Das israelische Parlament verabschiedete am 18. Juli 2024 eine Resolution, die sich gegen die Anerkennung Palästinas als Staat ausspricht.
  • Die politischen Organisationen der Palästinenser*innen wurden von Israel und den USA de facto nicht als legitime Gesprächspartner anerkannt, obwohl sie regelmäßig von ihrem eigenen Volk gewählt wurden.
  • Die westlichen Mächte und insbesondere Israel drängten regelmäßig auf eine politische Zersplitterung der Repräsentanten der in Palästina lebenden arabischen Bevölkerung, so dass kein einheitlicher Verhandlungspartner entstehen konnte.
  • Israel, die Vereinten Nationen und die USA waren nie bereit anzuerkennen, dass die Gründung und Ausdehnung des Staates Israel in Palästina ein koloniales Projekt war, das der einheimischen Bevölkerung gewaltsam aufgezwungen wurde.
  • Avi Shlaim betont zudem, dass „keine israelische Regierung seit 1967 eine Zweistaatenlösung angeboten hat, die selbst für den gemäßigtesten palästinensischen Führer akzeptabel wäre, und keine amerikanische Regierung Israel jemals wirklich zu einer Zweistaatenlösung gedrängt“ habe (vgl. Avi Shlaim, Auszug aus einem Interview, 2023)
  • Die Einigung auf minimale Konsensbedingungen sind derzeit nicht greifbar. Wie Rashid Kahlidi betont, wären solche „minimalen Konsensbedingungen […] eine Rückkehr zu den Grenzen von vor 1967 oder in deren Nähe, die Räumung aller israelischen Siedlungen, die Errichtung von Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates, die Rückgabe der Wasserressourcen an die Palästinenser und die Aufhebung der israelischen Kontrolle über das Jordantal.“ Ebenfalls müsste Israel seine Verantwortung für die Nakba eingestehen. (vgl. Rashid Kahlidi, Auszug aus einem interview, 2009)