Wiedervereinigung
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Der Begriff der Wiedervereinigung bezeichnet gemeinhin den Beitritt der Deutschen demokratischen Republik (DDR) zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) durch die Unterzeichnung des Einigungsvertrags am 3. Oktober 1990. Die Wiedervereinigung folgte der sogenannten friedlichen Revolution in der DDR in den Jahren 1989 und 1990. Die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs stimmten der Einigung beider Staaten zu.
Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches 1945 stand das deutsche Territorium mit der Westverschiebung der polnischen Grenze unter der Verantwortung der alliierten Siegermächte, die Deutschland in vier Besatzungszonen aufteilten – die Sowjetische, Amerikanische, Französische und Britische. Im Zuge des aufkommenden Kalten Kriegs wurden 1949 zwei deutsche Staaten gegründet: am 23.5.1949 die BRD und am 7.10.1949 die DDR. Die DDR wurde durch die BRD bis 1969 nicht als eigenständiger Staat anerkannt. Durch die politische Leitlinie der sogenannten Hallstein-Doktrin1 wurde die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur DDR von der BRD als „unfreundlicher Akt“ definiert und so eine internationale Anerkennung der DDR zu verhindern versucht.
Israel hielt sich an diese Doktrin und hatte keine diplomatischen Beziehungen zur DDR. Die DDR wiederum lehnte Reparationsforderungen Israels ab. Die DDR verstand sich als ein antifaschistischer und antiimperialistischer Staat und pochte auf das Recht auf Selbstbestimmung der Palästinenser*innen. Obwohl die direkte politische Unterstützung und Zusammenarbeit anfangs nur zögerlich erfolgten, entwickelte sich der ostdeutsche Staat spätestens in den 1980er Jahren zum Hauptunterstützer der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO)2.
Die BRD unterhielt seit Staatsgründung enge Beziehungen zum Staate Israel, die maßgeblich durch die historische Schuld Deutschlands am Holocaust und dem Bestreben der Bundesrepublik, sich wieder in die internationale Gemeinschaft zu integrieren, geprägt wurde. Die Gründung Israels und die damit verbundenen territorialen Veränderungen in der Region führten zu anhaltenden Konflikten mit der palästinensischen Bevölkerung und den umliegenden arabischen Staaten, bei denen Deutschland Israels Recht auf Selbstverteidigung stets unterstützte.
Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde in Israel kontrovers diskutiert. Kritiker der Einigung äußerten die Sorge, dass sich die guten Beziehungen zur BRD verschlechtern könnten, wenn die DDR mit Ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem israelischen Staat an Einfluss in Gesamtdeutschland gewinnen würde. Andere befürchteten ein Vergessen der Shoa: in der israelischen Presse war von „sechs Millionen Gründen gegen die Wiedervereinigung“3 zu lesen, in Anspielung auf die Zahl der jüdischen Opfer durch Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg. Auch das historische Datum des Mauerfalls gab Anlass zur Sorge: „Von nun an wird der 9. November nicht mehr als die Kristallnacht, sondern als der Tag des Mauerfalls erinnert werden.“4
Fußnoten